Konzernverantwortung. Mit Lieferkettengesetzen gegen Ausbeutung und Umweltzerstörung (Mediengespräch, 6.12.2023)

Heute am 6. Dezember 2023 findet das Mediengespräch „Konzernverantwortung. Mit Lieferkettengesetzen gegen Ausbeutung und Umweltzerstörung“ statt, an das ich Sie gerne erinnern möchte.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass europäische Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen profitieren, die entlang ihrer globalen Lieferketten begangen werden. Auch wir in Österreich ziehen daraus Tag täglich Nutzen: In nahezu jeder Tafel Schokolade steckt Kinderarbeit, nahezu jedes Handy und jedes Auto enthält Rohstoffe, deren Abbau schwere Menschenrechtsverletzungen verursacht. Der Wiener Politikwissenschafter Ulrich Brand bezeichnet diese Konsumgüter als Teil der „imperialen Lebensweise“, die in den reichen westlichen Ländern fest verankert ist.

Der 24. April 2013 markiert einen drastischen Wendepunkt in der Diskussion um Konzernverantwortung und Lieferkettengesetze: Nach einem verheerenden Brand in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh sterben 1.135 Menschen, mehr als 2.000 werden verletzt.

Seitdem haben die Debatten um verbindliche menschenrechtliche Pflichten für Unternehmen an Schwung aufgenommen: In Deutschland ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz seit dem 1.1.2023 in Kraft und gilt für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten. Ab dem 1.1.2024 wird der Anwendungsbereich noch einmal ausgedehnt. Inzwischen gibt es erste Einschätzungen, wie das Gesetz wirkt, auch wenn es für eine umfassende Wirkungsanalyse noch zu früh ist. Gleichzeitig steht die geplante EU-Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit kurz vor der Verabschiedung und wird sich auch auf das deutsche Recht auswirken. In der Schweiz stehen Gegenvorschläge der beiden Parlamentskammern als Reaktion auf die 2020 vom Volk abgelehnte Konzernverantwortungsinitiative im Raum; sie schlagen eine abgeschwächte bis keine Konzernhaftung vor.

In Österreich hat man bislang seitens des Justizministeriums immer auf das EU-Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verwiesen, welches aktuell als Entwurf vorliegt. Das Wirtschaftsministerium hat sich bei der Abstimmung über den Entwurf im EU-Ministerrat jedoch enthalten. Somit gibt es weder eine nationale Initiative, noch eine Unterstützung für die EU-Initiative.

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte, der am 10. Dezember stattfindet, nimmt das Mediengespräch die Herausforderungen, die mit dem Thema Konzernverantwortung und Lieferkettengesetze verbunden ist aus wissenschaftlicher Perspektive in den Blick. Im Zentrum steht die Frage, wie die unterschiedlichen staatlichen und suprastaatlichen Ansätze zu bewerten sind, wie ein wirksames Lieferkettengesetz aussehen müsste und was damit aus menschenrechtlicher und völkerrechtlicher Sicht erreicht werden könnte. Vor diesem Hintergrund werden Forschungsbefunde aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften, der Ethnologie und der Rechtswissenschaften vorgestellt.

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Moderation: Dr. Alexander Behr
Diskurs. Das Wissenschaftsnetz