Luftverschmutzung, vorzeitige Todesfälle und Ungleichheit – Gesundheitspolitische Lehren aus der Corona-Krise

Die Ausnahmesituation der Corona-Pandemie hat gesundheitspolitisch v.a. zwei wichtige Erkenntnisse in der Praxis bestätigt: Erstens, dass man mit entschlossenen und weitreichenden Maßnahmen die unkontrollierte Ausbreitung von Krankheiten verhindern und die Anzahl möglicher Todesfälle reduzieren kann. Und zweitens, dass Krankheiten und dadurch ausgelöste Krisen nicht alle sozialen Schichten gleichermaßen treffen. Diese beiden Aspekte sollten aus wissenschaftlicher Sicht auch die Gesundheitspolitik in der „Nach Corona-Ära“ leiten und zwar dringend in jenen Bereichen, wo dies bislang ignoriert wurde, etwa bei den massiven Gesundheitsfolgen von Luftverschmutzung. Dies fordern die beiden Wissenschaftler Hanns Moshammer (MedUni Wien) und Willi Haas (BOKU) auf der Basis wissenschaftlicher Daten.

Die schlechte Luftqualität ist wesentlich für frühzeitige Sterbefälle in Österreichs Städten verantwortlich. Menschen mit geringerem Einkommen, ältere Menschen, Säuglinge und Kleinkinder sowie Menschen mit Vorerkrankungen sind von den Gesundheitsfolgen schlechter Luftqualität ungleich stärker betroffen. Entlang stark befahrener Straßen sind die Wohnungskosten geringer und deshalb leben dort vor allem Personen mit geringeren Einkommen, darunter auch alte Menschen und Kleinkinder sowie solche mit Vorerkrankungen.

Europaweit zeigen Studien, dass eine entschiedene Reduktion des Autoverkehrs zu Gunsten von mehr aktiver Mobilität in Städten vorzeitige Todesfälle vermeiden kann. In Wien, Graz und Linz sind dies jährlich 30-60 vorzeitige Todesfälle pro 100.000 EinwohnerInnen (und damit deutlich mehr als durch das Corona Virus), so eine österreichische Studie. Entschiedene Maßnahmen in diesem Bereich wären ein wichtiger Schritt zur Reduktion gesundheitlicher Ungleichheit: Derzeit sterben im Schnitt Menschen mit Pflichtschulabschluss als höchster Schulbildung um 6 Jahre früher als AkademikerInnen. Die in der Corona-Krise zu Recht in den Vordergrund gerückte Prämisse von der „Gesundheit als wichtigstem Gut“ fände in der Möglichkeit so auf lange Sicht Menschenleben zu retten und frühzeitige Todesfälle zu reduzieren, ein besonders nachhaltiges und ergiebiges Anwendungsfeld.

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Dr. Manfred Krenn
Diskurs. Das Wissenschaftsnetz

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