Klimaschutz und Generationengerechtigkeit (Mediengespräch, 16.03.2023)

„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“ müsste das Motto der österreichischen Klimapolitik sein. Das Gegenteil ist der Fall. An allen Ecken und Enden fehlt der politische Wille, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu ergreifen. Nicht zuletzt wartet die österreichische Bevölkerung bis heute auf ein neues Klimaschutzgesetz. Für ein Abwarten bleibt aber keine Zeit: Aktuelle Versäumnisse im Bereich des Klimaschutzes gefährden die Lebensqualität zukünftiger Generationen. Die deutsche Regierung ist bereitsseit 2021 aufgrund einer erfolgreichen Beschwerde mehrerer Jugendlicher beim Bundesverfassungsgericht dazu angehalten, Klimaschutz auch im Lichte der Generationengerechtigkeit zu denken. Zeitnah zum zweijährigen Jubiläum der deutschen Entscheidung am 24. März haben nun auch in Österreich zwölf Kinder eine Klimaklage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, die ein
ähnliches Ziel verfolgt.


Das zum Anlass nehmend organisieren Diskurs Das Wissenschaftsnetz und Scientists for Future Österreich (S4F) ein Mediengespräch zum Thema Generationengerechtigkeit und Klimaschutz. Ziel des Gesprächs mit den Expert:innen ist, Generationengerechtigkeit sowohl aus philosophischer als auch rechtswissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten. Journalist:innen und Medien im Land sind herzlich eingeladen, die Diskussion zu verfolgen.
Fragt man nach einer Definition für Generationengerechtigkeit, ist die Antwort: Generationengerechtigkeit bedeutet eine faire Verteilung materieller Ressourcen, Lebenschancen und Lebensqualität über verschiedene Generationen hinweg. Die Folgen des menschengemachten Klimawandels – wie Ressourcenknappheit, Hitze und Umweltkatastrophen gefährden diesen fairen Ausgleich. Was aktuelle Generationen verbrauchen, haben spätere Generationen weniger. Die Klimakrise wird
damit zum Gerechtigkeitsproblem und sollte als solches auch von der österreichischen Regierung behandelt werden.


Klimaschutzaktivist:innen der Umweltbewegung Letzte Generation Österreich machen mit Protestaktionen darauf aufmerksam, dass Entscheidungsträger:innen von heute die letzte Generation sind, die „den Zusammenbruch der Lebensgrundlagen noch aufhalten kann“. Der Name des Bündnisses ist also nicht zufällig gewählt. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang, dass die österreichische Regierung laufend Verfassungsgesetze bricht, indem sie notwendige Maßnahmen nicht setzt. Dass der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit staatlichen Handelns juristisch argumentierbar ist, zeigt jüngst die Klimaklage der zwölf minderjährigen Beschwerdeführer:innen, die sich
vertreten durch Umweltanwältin Michaela Krömer an den Verfassungsgerichtshof wenden und dabei die teilweise Aufhebung des aktuellen Klimaschutzgesetzes als verfassungswidrig anstreben.

Sucht man in der österreichischen Verfassungslandschaft nach dem Begriff „Generationengerechtigkeit“ wird man in Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern fündig. Die Verfassungsbestimmung regelt, dass jedes Kind einen Anspruch auf die „Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit“ hat. Folgt daraus, Klimaschutzaktivist:innen sei in ihrer Annahme beizupflichten, die österreichische Bundesregierung verstoße mit der aktuellen Klimapolitik gegen Verfassungsrecht? Die  klassische Antwort eine:r Jurist:in wäre wohl: Es kommt darauf an. Um einer Antwort auf diese Frage näher zu kommen, werden wir im Lauf des Mediengesprächs diskutieren, welche Rechten und Pflichten aus der Bestimmung abgeleitet werden können.

Während in Deutschland und den Niederlanden Klimaklagen bereits erste Erfolge feiern, sind österreichische Bestrebungen bisher vergebens gewesen. Woran liegt das? Abschließend werden wir im Rahmen des Gesprächs analysieren, was Österreich von Deutschland und den Niederlanden unterscheidet und vor welchen Schwierigkeiten österreichische Klimakläger:innen stehen.

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EXPERT*INNEN

Moderation:
Dr. Manfred Krenn
Diskurs. Das Wissenschaftsnetz

Materialien

Aufzeichnung der Inputs