COP26: Österreichs Klimafinanzierung dramatisch zu niedrig und ohne jegliche wissenschaftliche Basis (Pressemitteilung vom 04.11.2021)

Downloads

Pressemitteilung
04. November 2021

COP26: Österreichs Klimafinanzierung dramatisch zu niedrig und ohne jegliche wissenschaftliche Basis

Den gestrigen Tag bei der COP26 UN-Klimakonferenz in Glasgow widmete der Gastgeber Großbritannien dem Thema Klimafinanzierung. Aus diesem Anlass kritisieren Experten:innen von Diskurs. Das Wissenschaftsnetz Österreichs Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung als extrem unzureichend. Österreich müsse diesen um ein Vielfaches erhöhen, um einen gerechten Beitrag zur Einhaltung des im Paris-Abkommen festgeschriebenen 1,5-Grad-Limits zu leisten.

„Österreichs Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung ist um ein Vielfaches zu niedrig. Das Eigenlob von Bundeskanzler Schallenberg bei seinem Auftritt am Beginn der COP26 entbehrt jeder Grundlage“, so die Politikwissenschaftlerin Alina Brad über den Auftritt Schallenbergs beim „World Leaders Summit“ diesen Montag. Zwar wurde Österreichs Beitrag zum UN-Klimafonds (Green Climate Fund) vor Kurzem auf 130 Millionen Euro bis zum Jahr 2023 erhöht – allerdings von einem erschreckend niedrigen Niveau aus. „Im Verhältnis zu seiner Größe gehört Österreich zu den weltweit größten Klimasündern, unsere Emissionen sinken weiterhin nicht. Wir haben enorme Klimaschulden angehäuft. Deswegen muss Österreich seinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung noch viel entschlossener erhöhen und kann nicht allein mit Emissionsreduktion im Inland einen gerechten Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits leisten. Wir müssen mit anderen Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika zusammenarbeiten, indem wir diesen finanzielle Unterstützung und klimafreundliche Technologien zur Verfügung stellen“, so Brad weiter.

Basis für eine gerechte Verteilung von Emissionsrechten und Kosten ist das verbleibende Treibhausgas-Budget. „Man kann sich das CO2-Budget wie einen Restaurantbesuch mit einer großen Gruppe von Gästen vorstellen. Manche, wie Österreich, haben das Buffet fast leergegessen. Andere, z.B. Länder wie Kenia, Indien oder Bolivien, gehen fast leer aus und bleiben hungrig. Es wäre nicht gerecht, wenn sie gleich viel von der Rechnung übernehmen. Stattdessen müssen sich Länder wie Österreich ihrer historischen Verantwortung stellen“, so Brad.

Auf globaler Ebene wird das Ziel zur Klimafinanzierung von 100 Milliarden Dollar pro Jahr weiterhin verfehlt. Ab 2020 wollten wohlhabende Länder ärmeren Staaten Finanzen in dieser Höhe für Klimaschutz und Klimaanpassung zukommen lassen – die tatsächliche Summe liegt aber immer noch deutlich darunter. „Die versprochenen 100 Milliarden jährlich reichen bei Weitem nicht aus. Sie sind verschwindend gering im Vergleich zu dem Schaden der Klimazerstörung durch die früh industrialisierten Staaten. Dazu kommt, dass ein großer Teil der Klimafinanzierung als rückzahlbare Kredite[1] geleistet wird – arme Länder werden dadurch also weiter in die Schuldenfalle getrieben“, so der Politikwissenschaftler Alexander Behr.

Wie hoch eine gerechte Emissionsreduktion und damit auch Klimafinanzierung sein müsste, zeigen Daten des Climate Equity Reference Project[2], der unabhängigen Forschungsinstitute EcoEquity und Stockholm Environment Institute. „Um einen gerechten Beitrag zu leisten, muss Österreich seine Emissionen so schnell wie möglich um mehr als 200 Prozent des derzeitigen Ausstoßes von rund 80 Millionen Tonnen CO2 senken. Das ist möglich, indem wir zusätzlich zum Ziel der absoluten Nullemissionen im Inland klimafreundliche Projekte in ärmeren Ländern finanzieren, die kaum etwas zur Klimakrise beigetragen haben“, so Alexander Behr. Schätzungen[3] gehen von einer notwendigen Finanzierung in der Höhe von etwa zwei Prozent des BIP aus. Zum Vergleich: Bei der Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit[4] bekennt sich Österreich zum Ziel von 0,7 Prozent des BIP – verfehlt dieses mit 0,28 Prozent allerdings deutlich.

Dieser Ansatz geht weit über das derzeitige Modell der internationalen Klimafinanzierung hinaus. Österreich müsste dementsprechend sowohl seinen Beitrag zum bestehenden UN-Klimafonds deutlich erhöhen und sich zudem für dessen Reformierung einsetzen. „Klimafinanzierung muss sich an den historischen Emissionen sowie der unterschiedlichen wirtschaftlichen Stärke von Staaten orientieren. Österreich schadet seit Jahrzehnten auf Kosten anderer Länder dem Klima. Das muss so schnell wie möglich enden – und gleichzeitig Wiedergutmachung für den Schaden geleistet werden. Nur so können wir die Klimakrise auf gerechte Weise überwinden“, so Alexander Behr abschließend.

[1]https://www.oxfam.org/en/press-releases/oecd-report-confirms-far-too-much-climate-finance-given-loans-force-poorer-nations

[2]https://climateequityreference.org/

[3]https://www.derstandard.at/story/2000122125617/klimaschulden-warum-oesterreich-seine-emissionen-um-200-prozent-senken-muss

[4]https://www.globaleverantwortung.at/oesterreichische-entwicklungspoltik